Biholomorphe Abbildung

In der Funktionentheorie ist eine biholomorphe oder schlichte Abbildung eine bijektive holomorphe Abbildung mit holomorpher Umkehrabbildung. Manchmal versteht man jedoch unter einer schlichten Abbildung auch eine injektive (nicht notwendigerweise bijektive), holomorphe Abbildung.[1]

Eigenschaften

  • Eine bijektive holomorphe Abbildung ist immer biholomorph. Im eindimensionalen Fall folgt dies direkt aus dem Satz über implizite Funktionen, in höheren Dimensionen aus dem Satz von Osgood.
  • Im eindimensionalen Fall ist eine biholomorphe Abbildung eine konforme Abbildung. Umgekehrt ist eine bijektive, stetig differenzierbare Abbildung von Gebieten der komplexen Ebene, die konform und orientierungserhaltend ist und deren Ableitung nicht verschwindet, ebenfalls biholomorph.
  • Eine biholomorphe Abbildung ist eigentlich.
  • Eine wichtige Aussage über biholomorphe Funktionen macht der riemannsche Abbildungssatz: Jedes einfach zusammenhängende Gebiet G C {\displaystyle G\subsetneq \mathbb {C} } lässt sich biholomorph auf die offene Einheitskreisscheibe abbilden.

Eindimensionale Beispiele

Die lineare Funktion

w = f ( z ) = m z + n {\displaystyle w=f(z)=mz+n} (mit m , n , w , z {\displaystyle m,n,w,z} als komplexen Zahlen) ergibt
  • für m = 1 {\displaystyle m=1} und n 0 {\displaystyle n\neq 0} eine Verschiebung (Translation)
  • für m 1 {\displaystyle m\neq 1} reell und positiv eine zentrische Streckung mit dem Streckfaktor m {\displaystyle m} und Streckzentrum n 1 m {\displaystyle {\tfrac {n}{1-m}}} ;
Abb. 1 Polarkoordinaten von z
  • für | m | = 1 {\displaystyle |m|=1} und n = 0 {\displaystyle n=0} eine Drehung. Verwendet man nämlich Polarkoordinaten für die Zahl z {\displaystyle z} , so kann der „Punkt“ z {\displaystyle z} durch ( r , ϕ ) {\displaystyle (r,\phi )} gekennzeichnet werden (s. Abb. 1). Weil
z = r z ( cos ( ϕ ) + i sin ( ϕ ) ) {\displaystyle z=r_{z}(\cos(\phi )+i\sin(\phi ))}

ist, erhält man mit der Eulerformel

e i ϕ = cos ( ϕ ) + i sin ( ϕ ) {\displaystyle e^{i\phi }=\cos(\phi )+i\sin(\phi )}
w = m z = r m e i ϕ m r z e i ϕ z {\displaystyle w=mz=r_{m}e^{i\phi _{m}}\cdot r_{z}e^{i\phi _{z}}} .

Wenn | m | = 1 {\displaystyle |m|=1} gesetzt wird, ist r m = 1 {\displaystyle r_{m}=1} und somit

w = r z e i ϕ m + ϕ u {\displaystyle w=r_{z}e^{i\phi _{m}+\phi _{u}}} .

Der Punkt z {\displaystyle z} (mit dem Argument (Bogenmaß) φz und dem Betrag r = rz) geht somit in den Punkt w {\displaystyle w} (mit φaz) und dem Betrag rz über, das ist eine Drehung.

  • für | m | 1 {\displaystyle |m|\neq 1} und n = 0 {\displaystyle n=0} eine Drehstreckung.

Beispielsweise führt die Drehstreckung w = ( 1 + i ) z {\displaystyle w=(1+i)z} den Punkt z = 2 + 3 i {\displaystyle z=2+3i} in den Bildpunkt w = ( 1 + i ) ( 2 + 3 i ) = 1 + 5 i {\displaystyle w=(1+i)(2+3i)=-1+5i} über. Die Bildpunkte zweier weiterer Punkte, die mit dem ersten ein Dreieck bilden können, lassen sich ebenso berechnen, so dass das Bilddreieck gezeichnet werden kann und damit diese Drehstreckung sich leicht veranschaulichen lässt.

  • für | m | 1 {\displaystyle |m|\neq 1} und n 0 {\displaystyle n\neq 0} eine Drehstreckung mit Verschiebung.

Inversion

Die Abbildung

w = f ( z ) = 1 / z {\displaystyle w=f(z)=1/z}

heißt Inversion oder Kreisspiegelung. Bei ihr wird das Innere des Kreises mit Radius = 1 (sog. Einheitskreis) auf das Äußere, das Äußere in das Innere abgebildet, der Rand des Kreises geht in sich selber über. 1 und −1 werden auf 1 und −1 abgebildet, das sind die beiden Fixpunkte der Inversion.

Quadratfunktion

Bei der Quadratfunktion

w = f ( z ) = z 2 {\displaystyle w=f(z)=z^{2}}

ist f {\displaystyle f'} nicht Null, wenn z nicht Null ist. Wählt man Definitions- und Zielbereich so, dass die Null nicht enthalten ist und die Einschränkung von f {\displaystyle f} bijektiv ist, erhält man folglich eine biholomorphe Abbildung. Man kann beispielsweise

f : { z C Re z > 0 } C { z R z 0 } {\displaystyle f\colon \{z\in \mathbb {C} \mid \operatorname {Re} z>0\}\to \mathbb {C} \setminus \{z\in \mathbb {R} \mid z\leq 0\}}

wählen, also als Definitionsbereich die rechte Halbebene und als Zielbereich die entlang der negativen reellen Achse geschlitzte Ebene.

Aus w = u + iv = (x + iy)2 = x2 - y2 + (2xy)i ergibt der Vergleich der Koeffizienten bei Real- und Imaginärteil

u = x2 - y2 und v = 2xy.

Die zur x-Achse symmetrisch liegenden Hyperbeln (vgl. Abb. 2)

Abb. 2 Hyperbelschar und Parallelenschar

x2 - y2 = const gehen in vertikale Parallelen u = const über. Die zur ersten Winkelhalbierenden symmetrisch liegenden Hyperbeln 2xy = const gehen in waagrecht verlaufende Parallelen über.

Literatur

  • Klaus Fritzsche, Hans Grauert: From Holomorphic Functions to Complex Manifolds. Springer-Verlag, New York NY 2002, ISBN 0-387-95395-7 (Graduate Texts in Mathematics 213).
  • Otto Forster: Riemannsche Flächen. Springer, Berlin u. a. 1977, ISBN 3-540-08034-1 (Heidelberger Taschenbücher 184), (Englisch: Lectures on Riemann Surfaces. Corrected 2nd printing. ebenda 1991, ISBN 3-540-90617-7 [Graduate Texts in Mathematics, 81]).
  • K. Jänich: Einführung in die Funktionentheorie. Springer-Verlag, ISBN 3-540-08309-X. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klas Diederich, Reinhold Remmert: Funktionentheorie I. Springer, Berlin 1972.